Die schlafende Laura

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Felice Casorat – Il sogno del Melograno, 1912

Nachlässig hingestreckt,
Die Brust mit Flor bedeckt,
Der jedem Lüftchen wich,
Das säuselnd ihn durchstrich,
Ließ unter jenen Linden
Mein Glück mich Lauren finden.
Sie schlief und weit und breit
Schlug jede Blum ihr Haupt zur Erden,
Aus mißvergnügter Traurigkeit,
Von Lauren nicht gesehn zu werden.
Sie schlief, und weit und breit
Erschallten keine Nachtigallen,
Aus weiser Furchtsamkeit,
Ihr minder zu gefallen,
Als ihr der Schlaf gefiel,
Als ihr der Traum gefiel,
Den sie vielleicht itzt träumte,
Von dem, ich hoff‘ es, träumte,
Der staunend bei ihr stand,
Und viel zu viel empfand,
Um deutlich zu empfinden,
Um noch es zu empfinden,
Wie viel er da empfand.
Ich ließ mich sanfte nieder,
Ich segnete, ich küßte sie,
Ich segnete, und küßte wieder:
Und schnell erwachte sie,
Schnell taten sich die Augen auf.
Die Augen? – nein, der Himmel tat sich auf.
Gotthold Ephraim Lessing 

„Lessing hat die gewaltige, unruhige, ewig spielende, in schwellenden Muskeln überall sichtbare Kraft eines jugendlichen Tigers.“
Friedrich Nietzsche

„Lessing hatte ein Auge zugleich für die zeugende Sonne und für den letzten Halm, den sie ins Leben ruft.“
Friedrich Hebbel

„Kein neuerer Schriftsteller hat, dünkt mich, in Sachen des Geschmacks und des feineren, gründlichen Urteils über literarische Gegenstände auf Deutschland mehr gewirkt als Lessing.“
Johann Gottfried Herder

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